Warum CRM-Migrationen Risiko bedeuten
Die Migration eines CRM-Systems wie Dynamics 365 ist selten ein rein technisches Projekt. In Wahrheit berührt sie nahezu jeden Bereich eines Unternehmens: Daten, Prozesse, Compliance, Sicherheit, Lizenzen und nicht zuletzt das Vertrauen der Nutzer. Die größten Risiken lauern dort, wo Technik auf Regulatorik trifft. Ein DSGVO-Verstoß, ein Datenverlust oder ein unerwarteter Ausfall können nicht nur teuer werden, sondern auch die Marke schädigen.
Ein strukturiertes Risikomanagement sorgt dafür, dass solche Probleme nicht im Go-Live aufpoppen, sondern rechtzeitig identifiziert und mitigiert werden. Der Business Value: höhere Planungssicherheit, geringere Projektkosten, schnellere Freigaben und ein stärkeres Vertrauen von Fachbereich und Aufsicht.
Vorab-Risikobewertung & Governance-Setup
Jede Migration sollte mit einer fundierten Risikoanalyse starten. Dabei werden typische Risikokategorien identifiziert:
- Compliance-Risiken (z. B. DSGVO, HIPAA)
- Sicherheitsrisiken (z. B. Credential-Leaks)
- Performance-Risiken (z. B. Abfragen zu langsam)
- Business-Continuity-Risiken (z. B. Vertriebsausfall)
Ein interdisziplinäres Governance-Team aus IT, Datenschutz, Fachbereichen und Partnern sorgt für klare Verantwortlichkeiten. Werkzeuge wie ein Risikoregister, ein RACI-Chart und regelmäßige Risk-Review-Meetings machen Risiken steuerbar. Die Entscheidung zwischen Big-Bang- oder Wellenmigration beeinflusst dabei die Risikoverteilung erheblich: Wellenmigrationen sind oft sicherer, dafür aber komplexer in der Koordination.
Datenqualitätsanalyse & -bereinigung
Eine der größten Risiken liegt in der Qualität der Quellsystem-Daten. Dubletten, veraltete Einträge oder inkonsistente Formate führen nach der Migration zu Unzufriedenheit und Produktivitätsverlusten. In der Discover-Phase sollte deshalb ein strukturierter Datenqualitäts-Scan erfolgen – idealerweise automatisiert mit Tools wie Microsoft Purview. Ziel ist es, personenbezogene Daten zu identifizieren, Standardisierungen vorzunehmen und unnötige Altlasten zu löschen.
Der Mehrwert liegt in einem sauberen Zielsystem, das schneller adaptiert wird, weniger Schulungsaufwand verursacht und langfristig wartbarer ist.
Compliance-Impact-Analyse (DSGVO & Branchenregeln)
Vor jeder Migration muss klar sein, wie sich Datenübertragungen auf regulatorische Vorgaben auswirken. Eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DPIA) zeigt, welche Risiken für Betroffene entstehen können. Zudem sollten für jedes Feld die Rechtsgrundlagen dokumentiert werden:
- Einwilligung
- Vertragserfüllung
- Berechtigtes Interesse
Für Transfers in Drittländer gelten besondere Regeln. Microsoft bietet mit der EU Data Boundary zwar eine datenschutzfreundliche Option, doch insbesondere bei Integrationen in Drittstaaten müssen Standardvertragsklauseln (SCCs) und geeignete Schutzmechanismen dokumentiert werden.

Change-Management & Stakeholder-Engagement
Technik allein reicht nicht aus. Nutzerakzeptanz ist entscheidend für eine erfolgreiche Migration. Ein klarer Kommunikationsplan „Was ändert sich wann für wen?“ verhindert Gerüchte und Unsicherheiten. Trainings sollten in Wellen stattfinden: Key-User frühzeitig einbinden, Endanwender kurz vor Go-Live.
Ein Governance-Gremium mit Entscheidungskompetenz beschleunigt Risikofreigaben und Eskalationen. Besonders wertvoll, wenn z. B. kurzfristig rechtliche Bedenken aufkommen oder Fachbereiche Sonderwünsche anmelden.
Downtime- & Business-Continuity-Strategien
Eine gut geplante Migration kennt ihren Notfallplan. Blue/Green-Deployment oder Parallelbetrieb können helfen, Ausfälle zu minimieren. Rollback-Kriterien müssen im Vorfeld definiert sein: Welche Schwellenwerte (z. B. Importdauer, Fehlerrate) lösen einen "No-Go" aus?
Der Mehrwert: Unternehmen können vor Aufsichtsbehörden, Vorständen oder Versicherern nachweisen, dass Ausfallzeiten minimiert und Geschäftsprozesse geschützt wurden.
Backup-, Recovery- & Disaster-Recovery-Tests
Vor dem Cutover müssen vollständige Backups aller relevanten Systeme vorhanden sein – inklusive Datenbanken, Blobs und Konfigurationen. Diese Backups sollten in einer isolierten Umgebung getestet werden. Automatisierte Restore-Tests geben Sicherheit und dokumentieren die Wiederherstellungsfähigkeit gegenüber Auditoren.
Je nach Branche sind auch Recovery-Zeiten (RTO) und Datenverluste (RPO) regulatorisch relevant. Regelmäßige Tests zeigen, ob diese Ziele eingehalten werden können.
Test- & Validierungsprozesse
Testen ist kein Selbstzweck, sondern Risikoreduktion. Eine moderne Testpyramide umfasst:
- Unit-Tests (z. B. Datenmapping)
- Systemtests (z. B. CRM-Logik)
- User Acceptance Testing (UAT)
- Performance- und Sicherheitstests
Besondere Aufmerksamkeit verdienen PII-Felder: Diese müssen korrekt migriert, verschlüsselt und berechtigungsbasiert getestet werden. Performance-Benchmarks helfen, API-Limits und Importzeiten realistisch einzuschätzen.
Post-Migration-Monitoring & Early-Life-Support
Nach dem Go-Live beginnt die kritischste Phase. Telemetrie-Dashboards (z. B. Application Insights, Dataverse Analytics) erkennen frühzeitig Probleme. Ein dediziertes War-Room-Team mit klaren SLAs stellt sicher, dass Tickets schnell bearbeitet werden.
Diese Hypercare-Phase kann den Unterschied machen zwischen einem stabilen Produktivsystem und einem nervenaufreibenden Re-Launch.
Rollback-Szenarien & Notfallhandbuch
Was tun, wenn doch etwas schief läuft? Rollback-Punkte müssen technisch vorbereitet und organisatorisch durchdacht sein. Dazu gehören Entscheidungsbäume, Kommunikationspläne (z. B. an Aufsichtsbehörden) und strukturierte Lessons-Learned-Dokumente. Ein Beispiel: Wenn beim Import ein massiver Fehler in der Datenstruktur festgestellt wird, muss das Team entscheiden können, ob es sofort zurück auf das Altsystem schaltet oder mit Notbetrieb weitermacht.
Ein dokumentiertes Notfallhandbuch schafft Klarheit in Stresssituationen und gibt Teams Handlungssicherheit.
Risiken durch Dritt-Integrationen
CRM-Systeme sind selten alleinstehend. Drittanwendungen, APIs und proprietäre Authentifizierungsverfahren bergen erhebliche Risiken. Wichtige Prüfpunkte:
- API-Versionierung (Legacy vs. OAuth2)
- Vertragslage bei Ausfällen externer Anbieter
- Verfügbarkeit von Testsystemen (Test-Double-Strategie)
Eine mangelnde Vorbereitung kann dazu führen, dass zentrale Prozesse wie Rechnungsstellung, Support oder Reporting nach dem Go-Live nicht funktionieren.

Lizenz- & Vertragsrisiken während des Übergangs
Während der Migrationsphase drohen unnötige Zusatzkosten. Parallelbetrieb führt schnell zu Doppel-Lizenzierungen. True-Up-Klauseln sollten frühzeitig geprüft und eingeplant werden. Auch die Kapazitätskosten in der Power Platform müssen budgetiert werden – gerade bei umfangreichen Workflows und Datenmengen. Abhilfe schaffen klare Lizenzierungsrichtlinien für die Übergangsphase, ein temporäres Lizenzmonitoring per PowerShell-Skript sowie die frühzeitige Einbindung der Microsoft-Kundenbetreuung zur Abstimmung etwaiger Sonderkonditionen.
Der Vorteil: Wer diese Punkte früh klärt, vermeidet spätere Verhandlungen mit Microsoft oder unerwartete Nachzahlungen.
Lessons Learned & kontinuierliche Verbesserungszyklen
Nach der Migration ist vor der nächsten Phase. Retrospektiven helfen, strukturiert zu reflektieren: Welche Risiken sind tatsächlich eingetreten? Was hat gut funktioniert? Welche KPIs wie Cutover-Zeit oder User Adoption sollten verbessert werden? Ein Beispiel: Wenn sich zeigt, dass während des Cutovers ein unerwartet hoher Ticketanstieg im Support entstand, kann daraus eine optimierte Trainingsmaßnahme für Endnutzer abgeleitet werden.
Diese Erkenntnisse müssen zurück in das Governance-Framework fließen, um Folgeprojekte besser aufzustellen.
Fazit & Quick-Win-Checkliste
Gutes Risikomanagement verlangsamt Projekte nicht – es macht sie realistisch, steuerbar und vertrauenswürdig. Es sorgt dafür, dass kritische Szenarien nicht im Betrieb auftauchen, sondern bereits vor dem Go-Live durchdacht und abgefedert sind. Ein Beispiel: Wenn der Rollback-Plan im Vorfeld erfolgreich getestet wurde, ist ein Importfehler am Cutover-Wochenende zwar ärgerlich, aber nicht existenzbedrohend. Die wichtigsten Kontrollfragen vor dem Go-Live:
- Ist ein aktuelles Backup vorhanden?
- Gibt es einen funktionierenden Rollback-Plan?
- Wurden DSAR-Prozesse getestet?
Wer diese Fragen mit "Ja" beantworten kann, startet mit einem deutlich geringeren Risiko.
Über die Aliru GmbH
Die Aliru GmbH begleitet seit über zehn Jahren CRM-Migrationen in regulierten Branchen. Wir kombinieren technische Expertise in Dynamics 365, erprobte Risiko-Frameworks und datenschutzrechtliches Know-how, um Ihre Transformation sicher, compliant und termingerecht umzusetzen – von der Vorab-Risikobewertung bis zum Early-Life-Support.
Disclaimer: Dieser Artikel ersetzt keine rechtliche Beratung.

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